„Der Mensch vor Ort spielt die wichtigste Rolle“

Nach rund 30 Jahren im Vorstand verlässt Dietrich Römer zum Jahresende die Bank, um seinen Ruhestand anzutreten. Eine Zäsur für die Volksbank im Wesertal eG, die mit der Amtsübergabe an Norbert Gellert bereits eingeläutet wurde. Im Gespräch mit unserem Kundenmagazin primanote sprechen beide über den gemeinsamen Nenner zweier Vorstandsgenerationen und ihre Ansichten über künftige Herausforderungen.

 

primanote: Herr Römer, Sie haben die Volksbank durch eine Zeit geführt, die von einem immer rasanteren Wandel geprägt wird. Sind Ihnen in dem Zusammenhang Herausforderungen in Erinnerung, die Sie als charakteristisch für den Zeitenwandel bezeichnen würden?

Römer: Eindeutig die Finanzkrise vor 6 Jahren. Die war damals für uns alle mit großen Sorgen verbunden, weil wir die weitere Entwicklung überhaupt nicht abzuschätzen wussten. Und wir mussten uns natürlich genau überlegen, wie wir unseren Kunden die berechtigten Ängste nehmen würden.

primanote: Hat Sie dieses Ereignis, Herr Gellert, auf ihrem Weg zum Vorstand eigentlich auch negativ beeinflusst?

Gellert: Im Gegenteil, wir müssen uns doch mal vor Augen halten, dass wir die einzige Bankengruppe in Deutschland sind, die nie einen Euro auf Kosten der Steuerzahler erbetteln musste...

primanote: Sie meinen den Rettungsfonds, den die damalige Regierung eigens für notleidende Banken geschaffen hat und der noch immer existiert.

Gellert: Richtig. Allein die Vorstellung, wie unbeschadet und skandalfrei die Volksbanken diese Krise bewältigt haben, hat mir damals plastisch gezeigt, wo ich aus Überzeugung hin will.

Römer: Mich haben diese Ereignisse damals auch bestätigt, der Philosophie einer Genossenschaftsbank immer treu geblieben zu sein. Also als Vorstand verantwortlich für Finanzdienstleistungen zu sein, die wir maßgeschneidert für und in unserer Heimat anbieten, ohne sich dem unüberschaubar globalen Finanzmarkt unterwerfen zu müssen. Denn der Mensch vor Ort spielt immer noch die wichtigste Rolle.

primanote: Trotzdem macht ein Thema auch vor kleineren Instituten wie den Volksbanken nicht halt: Der unglaublich schnelle technologische Fortschritt. Können Sie rückblickend eigentlich sagen, wann Sie den Beginn der Schnelllebigkeit in der Volksbank als erstes gespürt haben?

Römer: Das war eher ein schleichender Prozess. Ich weiß noch, wie groß die Umstellung für uns alle war, als plötzlich Kontoauszugsdrucker und Geldautomaten Anfang der 80er eingeführt wurden. Hier zeigte sich für den Kunden zum ersten Mal, wozu Hard- und Software im Bankgeschäft in der Lage sind und wohin die Zukunft steuern wird.

Gellert: Diese Technologien sind heute so selbstverständlich, aber wir stehen auch weiterhin vor großen Umstellungen. Man denke nur an das Smartphone als Bezahlinstrument oder das kontaktlose Bezahlen per Handscanner. Die Geschwindigkeit wird weiter zunehmen und dem müssen wir uns stellen.

primanote: Sehen Sie sich denn da als Vorstand einer nicht global-agierenden Bank irgendwo benachteiligt?

Gellert: Nein, ich behaupte, die Größe der Volksbank im Wesertal kommt uns in dem Zusammenhang sogar entgegen. Denn wir sind überschaubar geblieben und dadurch enorm flexibel, um uns auf den Markt und insbesondere die Ansprüche der jungen Kunden einzustellen. Garantiert werde ich den Fokus auf moderne Technologien richten und mir genau ansehen, welche Vorteile sie für unsere Kunden bieten und welche alten Zöpfe wir abschneiden sollten.

primanote: Wenn Sie von Interessen der jungen Kunden sprechen, muss berücksichtigt werden, dass das Geschäftsgebiet von der demografischen Entwicklung nicht unberührt bleiben wird. Gehört dieses Thema eigentlich ebenfalls zur Übergabe der Amtsgeschäfte?

Römer: Wir alle, die Kommunen und die heimische Wirtschaft müssen sich der Frage stellen, in was für einer Region wir in Zukunft leben wollen. Wir als Volksbank sind uns da unserer Verantwortung sehr bewusst, auch wenn die Suche nach den richtigen Antworten noch lange nicht abgeschlossen ist.

Gellert: Es ist ja nicht so, dass wir dieser Herausforderung chancenlos gegenüberstehen. Gerade wir Volksbanken sind in ländlichen Regionen die Spezialisten, weil wir hier in der Fläche am meisten vertreten sind. Wer also soll sich dieser Herausforderung stellen, wenn nicht wir als Genossenschaft? Wichtig für uns wird sein, erkennbar anders zu sein als andere Institute ohne den zunehmenden Kostendruck aus dem Blick zu verlieren.

primanote: Wir danken Ihnen für das Gespräch.